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Seyyit Bozdoðans Ölbilder und Zeichnungen

 

 

Seyyit Bozdoğan ist im anatolischen Kozan geboren. Die kraftvollen, von innen heraus leuchtenden Farben und die Landschaftsformationen seiner Heimat prägen die individuelle Farbsymbolik und Formensprache, die seine KÖRPER- und GESICHTSLANDSCHAFTEN heute kennzeichnen:

In ihnen läßt er die ursprüngliche Einheit von Mensch und Landschaft als Natur sinnfällig werden, indem er ihrer wesen- und gesamthaften Ähnlichkeit malerisch Ausdruck verleiht: Landschaften formt er nach Analogie menschlicher Gliedmaßen, Körper und Gesichter wirken, vergrößernd nähergerückt, wie eigene, begehbare Weiten.

Unverwechselbar ist dabei die analytische, potenzierende Malstruktur, die die Flächen in hart gegeneinander gesetzte Farbfelder einteilt, die in der Kleinstruktur zur Abstraktion und zur Autonomie des Details drängen.

Derart wird hinter der Glätte der Oberflächen etwas Anderes, Eigentlicheres sichtbar gemacht, sie erscheinen verletzt und zerlegt, aufgebrochen von einer elementaren Kraft, so daß unter ihnen tiefere Schichten, lebendige Gefüge vorstellbar werden, die sich in gewaltsamer Bewegung nach außen durchsetzen, in Rissen und Klüften durch eine vulkanische Zerstörungsgewalt freigelegt werden.

Hinzu tritt das Spiel mit der Perspektive:

Innen und Außen, Raum und Zeit durchdringen einander, Traum und Realität verschmelzen im Blick durch ein Fenster aus einem imaginierten Inneren in ein unwirkliches Äußeres; in nahsichtigem Lupeneffekt werden Gesichtsausschnitte herangerückt, oder aber es wird Distanz erzeugt mittels gemalter Rahmen und über Teile der Bildfläche gelegter Abdunkelungen, wobei Verdecken und Verdunkeln der Entdeckung und Auflehnung dienen, die der Betrachter für sich vollziehen soll.

Diese Malweise zielt auf Realität, bzw. auf Erkenntnis über Realität - deshalb wird diese verändert, verfremdet, wird das Auge sensibilisiert, das Sehen des Gewohnten erschwert, der Beschauer zum Nachdenken, 'Erwandern' und neu Entdecken aufgefordert.

In seinen jüngsten, in Deutschland entstandenen Bildern gewinnt die Beziehung Raum - Mensch für Bozdoðan eine neue inhaltliche Dimension. Unter den Bedingungen der Industrialisierung ist die natürliche Einheit von Mensch und Landschaft fundamental gestört:

Letzere tritt ihm als etwas, das er selbst geschaffen hat, fremd und bedrohlich gegenüber, Elemente der Technik dringen in die Bildwelt ein und scheinen das Individuum zu bestimmen, dessen Zurückgezogenheit in sich selbst und Isoliertheit nach außen als Deformation und Verkürzung Darstellung finden.

 

Margot Westlinning, 1987

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