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Die Malerei von Seyyit Bozdoðan

Seyyit Bozdoðan ist Maler aus Leidenschaft. Bestimmte Themen lassen ihn nicht los und so hat er viele Bilder als Variationen einzelner Themen gemalt, immer mit dem Ziel, den Ausdruck zu verbessern und seine Aussage noch prägnanter mit Form und Farbe auf den Begriff zu bringen. Viele seiner Bilder sind bereits mehrmals in der Türkei und in der Bundesrepublik ausgestellt worden und einzelne auch prämiert worden. Zur 75Ojahrfeier in Berlin erhielt er den Auftrag, einen Bilderzyklus ‘Türken in Berlin’ zu malen, der hier auch ausgestellt ist.

Seine Themenschwerpunkte sind zum einen in abstrakten Bildern die Darstellung von Mikrostrukturen in großen Spannungsfeldern von farblichen und flächigen Kontrasten; zum anderen in gegenständlichen Bildern die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Türkei, Türken in Berlin und die Umweltbedrohung für den Menschen. Dieses letzte Thema wird eindringlich insbesondere in den beiden Bildern "Raucher" und "Giftflaschen" behandelt. Mit Elementen, die sowohl in den abstrakten als auch in den gegenständlichen Bildern wiederkehren, behandelt er in unterschiedlichen Variationen das Thema "Frauenkörper in der Landschaft" oder auch "Körperlandschaften".

Kennzeichnend für das Werk von Seyyit Bozdoğan sind aus meiner Sicht folgende drei Punkte:

1. Verknüpfung abstrakter und gegenständlicher Malerei. Viele Körperlandschaften erscheinen zunächst abstrakt und erschließen sich erst später als Ausgangspunkte vom Gegenstand. Natur und menschlicher Körper verschmelzen, nicht aber harmonisch, sondern beide in der Bedrohung durch die Umweltzerstörung.

2. Die Bedeutung der jeweiligen Lebensumstände für die Themenwahl: Das Thema des menschlichen Lebens in der Natur unter den Bedingungen industrieller Produktion wird verarbeitet; zum einen in den zwei großen Bildern der "industriellen Gesichtslandschaften", zum anderen wenn, zum Beispiel in "abstrahierte Figur", Landschaften und Körper unter dem industriellen fallout wieder eins werden.

Bei dem Thema "Türken in Berlin" - Mitbürger mit eigenem kulturellen Hintergrund - werden die jeweiligen Lebensumstände bewußt gemacht mit der Frage: Kommen wir miteinander aus? Gibt es gegenseitige Achtung und Respekt? Diese Frage wird besonders eindrücklich in dem Bild "Willst Du meine Arbeit haben?" aufgeworfen?

3. Die Bilder regen zum Vergleich an: So zum Beispiel in "Industrielle Gesichtslandschaften": Hier erscheinen zwei Profile in einem Bild, das eine, das von der Industrie geprägte und das andere am Rand, das natürliche. Beide Profile zusammen ergeben wieder ein Bild en face. Zum anderen sollte man zwei Bilder nebeneinander vergleichen: zum Beispiel "Frauen bei der Baumwollernte" in der Türkei und türkische Frauen in den Straßen von Berlin.

Die Bilder von Seyyit Bozdoğan sind damit Brückenschläge:

- zwischen abstrakter und gegenständlicher Darstellung

- zwischen verschiedenen Kulturen

- zwischen verschiedenen Themen, zum Beispiel Aktmalerei und Umweltbedrohung,

Die Bilder von Seyyit stellen damit notwendige Herausforderungen an uns dar und vermitteln Denkanstöße: Es ist Kunst mit gesellschaftskritischem Hintergrund. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie bemerken, daß die Bilder oft einen doppelten Rahmen haben: Es sind gleichsam Ausblicke in eine verfremdete Umwelt, die dann um so intensivere Wirkung zeigen, in dem sie Einblicke gewähren.

Kennzeichnend für die Kunst von Seyyit Bozdoðan ist die Verknüpfung von abstrakter und gegenständlicher Malerei. Körper werden mit Landschaft verwoben, sie bestehen se!bst wieder aus Landschaften. Die Körper sind für sich genommen abstrakte Mikrostrukturen in Spannungsfeldern von farblichen und flächigen Zuspitzungen.

Die Bilder greifen mit den Mitteln von Form- und Farbkontrasten aktuelle Themen auf, so das Thema Umweltbedrohung, dies jedoch nicht plakativ vordergründig, sondern mit einem künstlerischen Ernst, der den Betrachter über die Provokation hinaus zur Auseinandersetzung und Nachdenklichkeit zwingt.

Die Spannungsfelder seiner Bilder zwischen scheinbarer Ruhe und pulsierendem, aber bedrohtem Leben, zwischen dunklen, nächtlichen und warmen Farben, zwischen runden und spitzen Formen, übertragen sich auf den Betrachter und lassen ihn nicht mehr los. Es geht dem Künstler nicht um den billigen Effekt, sondern um die nachhaltige Wirkung; er überzeugt durch die Konsequenz seiner malerischen Ausdruckmittel und den Verzicht auf jede Verspieltheit.

 

Prof. Dr. Bernd Peter Lange. Osnabrück

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